Versonnen genießen die kleinen Mönchsschüler ihre Pause in den berühmten Fensterluken des Klosters Shwe Yan Pyay. Die buddhistische Anlage gilt als touristische Perle im Süden des Shan-Staates von Myanmar. Ein Fürst ließ das Kleinod außerhalb des Städtchens Nyaung Shwe im 19. Jahrhundert als Heim für arme Bauernjungen errichten. In der fast unveränderten Tempelanlage lernen die Sprösslinge benachteiligter Familien noch heute Lesen, Schreiben und Rechnen, die Lehren Buddhas, religiöse Rituale sowie Mediation und das einfache Leben in Demut und spiritueller Hingabe. Wie ärmlich die kleinen Novizen sind, zeigen ihre einfachen roten Roben und das Loch im viel zu großen Wollpullover des Jungen im mittleren Fenster. Im ehemaligen Burma bekennt sich die Mehrheit der 56 Millionen Einwohner*innen zum Buddhismus. Rund sechs Prozent sind Christen, etwa fünf Prozent Muslime. Der grundlegend friedliche und nach Harmonie strebende Buddhismus zeigt in der ehemaligen Militärdiktatur Myanmar jedoch seit knapp zehn Jahren eine hässliche Fratze. Religiöse Gruppen und Teile der Armee hetzen massiv gegen Andersgläubige. Vor allem die muslimische Minderheit der Rohingya hat in der jüngsten Vergangenheit unter Rassismus, Gewalt und Mord gelitten. Vor rund zwei Jahren flüchteten mehr als 700.000 Männer, Frauen und Kinder innerhalb kürzester Zeit über die Grenze nach Bangladesch. Seitdem warten sie in den riesigen Flüchtlingslagern jenseits der Grenze auf die Rückkehr in ihre Heimat. Seit seiner Unabhängigkeit 1948 ist der Vielvölkerstaat Myanmar von zahlreichen, zum Teil noch immer andauernden ethnischen Konflikten geprägt. Laut Verfassung gibt es 135 verschiedene Ethnien. Gerade im Norden des Shan-Staates sowie in den Staaten Kachin und Rakhine kommt es immer wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Rebellen und Militär. Die Grenzgebiete sind mit ungekennzeichneten Minenfeldern durchzogen. Die Konflikte fordern Tote und treiben ganze Dörfer in die Flucht. Die Grenzen zu China sind allerdings geschlossen und keine Familie weiß, wo sie Sicherheit finden kann. Die kleinen Mönchsschüler im Kloster Shwe Yan Pyay ahnen hoffentlich nichts von den großen Herausforderungen in ihrem Heimatland. Sie führen ein arbeitsreiches und genügsames Leben in einer traditionell landwirtschaftlich geprägten Region mit einem einzigartigen Ökosystem. Nur wenige Kilometer entfernt liegt der Inle-See in einer malerischen Bergkulisse. Die Intha, die Söhne des Sees, bauen hier seit Jahrhunderten ihre Häuser auf Pfählen. Sie treiben ihre Holzboote mit den Füßen durchs Wasser, ziehen ihr Gemüse in schwimmenden Gärten und verkaufen ihre Ware auf einem der Fünf-Tages-Märkte rund um den See. Silberschmiede preisen ihren Schmuck an und die Seidenspinner weben exquisite Stoffe aus den Fasern der Lotuspflanzen. Hier scheint das Leben friedlich und heiter. Möge Myanmar nach jahrzehntelangen Kämpfen endlich zur Ruhe kommen.